Künstler*innen

Konzert 20. März 2020 | Orff-Zentrum München, Kaulbachstrasse 16, 80539 München | 20:00 Uhr

Evening at the window – Kammermusikkonzert
Münchner Komponistinnen: Luise Adolpha Le Beau, Mary Wurm, Philippine Schick und Konstantia Gourzi

Philippine Schick (1893–1970): Sonate für Violoncello und Klavier op. 43
Mary Wurm (1860–1938): Sonate für Violine und Klavier F-Dur op. 17
Konstantia Gourzi (geb. 1962): Evening at the Window für Viola solo op. 75 (Auftragskomposition für den ARD Musikwettbewerb 2018)
Luise Adolpha Le Beau (1850–1927): Streichquartett g-Moll op. 34

Sonja Korkeala (Violine) | Mohamed Hiber (Violine) | Diyang Mei (Viola) |
Laura Szabo (Violoncello) | Dmitry Mayboroda (Klavier)

Zu den aufgeführten Komponistinnen schreibt Dr. Ulrike Keil:

Begibt man sich auf die Suche nach den vergessenen Komponistinnen, finden sich gerade für München und für jede Epoche dieser Stadt ein buntes und breites Spektrum weiblicher musikalischer Praxis. Gleichsam mit den sich ausweitenden Stadtmauern sind auch die Möglichkeiten für Musikerinnen innerhalb dieser Grenzen historisch gewachsen. München war zugleich Anziehungspunkt für Musikerinnen von auswärts, die hier ihre Ausbildung absolvierten oder eine Anstellung suchten. Vorschub für die Professionalisierung weiblicher Musiker leistete die Königl. Akademie der Tonkunst, deren Professoren Kompositionsschülerinnen anfangs nur als Privatschülerinnen annahmen. Die in Raststatt geborene Luise Adolpha Le Beau zog zu Kompositionsstudien nach München, aber sie hatte etliche Hürden zu umschiffen, bevor sie vom renommierten Joseph Gabriel Rheinberger Kompositionsunterricht erhielt: „Professor Rheinberger sah öfters Kompositionen von mir durch: er fand meine Violin-Sonate Opus 10 ‘männlich, nicht wie von einer Dame komponiert’ und erklärte sich nun bereit, mich als Schülerin anzunehmen, was eine große Ausnahme war, da er keinen Unterricht an Damen gab.“ In ihrem Streichquartett op. 34 (1885) komponierte Le Beau ein eindrucksvolles Programm-Quartett, dessen Erzählung eine sehr dichte zyklische Form legitimiert. Das Programm kann autobiographisch gedeutet werden. Mit diesem musikalischen Abschied von München hat sie der sogenannten „Münchner Schule“ eine bedeutende Arbeit hinterlassen.

Philippine Schick hatte sich 1914 gegen den Willen des Vaters für Kompositionsunterricht eingeschrieben. Aber auch später traf sie immer wieder auf Widerstände: „Mein großer Förderer Joseph Haas sagte zu meinem Nachbarn … beim Anhören eines Orchesterwerks von mir: ‚Schade, dass sie nicht Philipp heißt!‘“ Ihr Engagement für Komponistinnen in der GEDOK erwuchs aus dieser Situation. Ihre Cellosonate entstand in den Jahren 1940/41 und wurde von dem Cellisten und Widmungsträger Hermann von Beckerath mehrmals aufgeführt. Es ist eine handwerklich an den Klassikern geschulte Sonate.

Schicks kompositorischer Nachlass, wie der der Deutsch-Engländerin Mary Wurm liegen heute wenig beachtet in der Musikbibliothek im Gasteig München. Mary Wurm, Pianistin, Dirigentin, Gründerin des 1. Frauen Streichorchesters Berlin und Komponistin widmete ihre Violinsonate dem Geiger Joseph Joachim, mit dem sie die Sonate in den 1890ger Jahren auch aufführte. Ein humorvoll, anspruchsvolles Stück im spätromantischen Stil. Ihre mehr als 120 Kompositionen zeugen von großem Ideenreichtum für unterschiedlichste Besetzungen und in der Auswahl ihrer Liedtexte.

Die Griechin Konstanzia Gourzi lehrt heute als Professorin für Dirigieren an der Hochschule für Musik und Theater München. Ihre Komposition „Evening at the Window“ für Viola solo ist als Auftragswerk des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD 2018 entstanden, den der Chinese Diyang Mei gewann. Er machte das „ganze Stück in seinen heftigen auch zutiefst sanften Facetten gleichsam sichtbar.“ (Süddeutsche Zeitung).

Mohamed Hiber (Violine) wurde 1995 in Paris geboren und lernte seit seinem siebten Lebensjahr Geige. Er studiert seit sechs Jahren unter der Anleitung von Ana Chumachenco, zunächst in Madrid an der Musikhochschule Queen Sofia und derzeit in München an der Hochschule für Musik. Im August 2019 trat er mit Martha Argerich zuerst in Buenos Aires, Argentinien und dann in Salzburg am Mozarteum auf. Seit 2010 wird er von Daniel Barenboim eingeladen, mit dem West-Eastern Divan Orchestra zu spielen, und im Sommer 2020 geht er als Erster Konzertmeister auf Tournee. Mohamed Hiber wurde von der Mutter Foundation unter der Leitung von Anne-Sophie Mutter persönlich ausgewählt. Sie bietet ihm Meisterkurse an und lädt ihn ein, mit ihr und ihrem Virtuosi-Ensemble zu spielen. Sie werden nächsten Herbst in Lateinamerika touren. Mohamed Hiber spielt eine Geige von Yuri Pochekin.

Seit Bratschist Diyang Mei (Viola) beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2018 fulminant den ersten Preis im Fach Viola, den Publikumspreis sowie mehrere Sonderpreise gewonnen hat, baut er seine internationale Karriere kontinuierlich aus. Im Herbst 2019 erscheint bei Genuin sein erstes Solo-Album. Darauf widmet er sich den Gattungsschwestern Chaconne und Passacaglia in Werken von Bach, Biber, Hindemith, Britten und Ligeti. Gemeinsam mit Lena Neudauer, dem Kölner Kammerorchester und Christoph Poppen gab er im Oktober 2019 sein Debüt in der Kölner Philharmonie. Diyang Mei studiert seit 2014 bei Hariolf Schlichtig an der Hochschule für Musik und Theater München, ab Oktober 2019 setzt er sein Studium an der Kronberg Academy fort. Er wird von der Yu Art Foundation in China sowie dem Borletti-Buitoni Trust gefördert und ist Stipendiat er bei Yehudi Menuhin LMN e.V. Sein Instrument von Ansaldo Poggi aus dem Jahr 1963 wird ihm von der China Yu-Kultur Stiftung zu Verfügung gestellt.
Die Unmittelbarkeit des Zugriffs, das immer spannungsgeladene Musizieren, die Logik der Phrasierung, die rhythmische Stabilität und die staunenswerte Intonationspräzision prägten alle Auftritte von Diyang Mei.” (Harald Eggebrecht, Süddeutsche Zeitung, September 2018)

Laura Szabo (Violoncello) wurde 1993 im ungarischen Baja geboren und begann mit sechs Jahren ihr Cello-Studium. Mit sieben Jahren nahm sie an ihrem ersten Violoncello-Wettbewerb teil. Seitdem gewann sie als Solistin den 1. Preis beim „Talents for Europe“-Wettbewerb in Dolni Kubin, Slowakei (2006), beim Antonio Janigro-Wettbewerb in Porec, Kroatien (2006), bei Gorizia Italien (2007), beim Janos Starker Nationalen Wettbewerb in Kecskemét, Ungarn (2008), bei Liezen, Österreich (2008) und beim David Popper Wettbewerb in Várpalota, Ungarn (2010). Laura Szabo gab ihr Orchesterdebüt als Solistin im Alter von 15 Jahren beim Szekszard Chamber Orchestra in Ungarn. Seitdem tritt sie häufig mit verschiedenen Orchestern in ihrem Land auf und hatte kürzlich eine Konzerttournee mit dem Nationalorchester der Republik Moldau in Spanien.
Im Herbst 2010 nahm Laura an Natalia Shakhovskayas Unterricht an der prestigeträchtigen Escuela Superior de Musica Reina Sofia im spanischen Madrid teil. Neben ihrem akademischen Studium hatte sie die Möglichkeit, an Meisterkursen von weltbekannten Künstlern wie Frans Helmerson, Phillip Müller, Natalia Gutman, Lluis Claret, David Geringas, Truls Mork und Alexander Rudin teilzunehmen, um nur einige zu nennen. Laura Szabo ist auch eine leidenschaftliche und erfahrene Kammermusikerin. In der Saison 2014/2015 gewann ihr Klaviertrio den Preis „Más Sobresaliente“ des Jahres und sie sind eingeladen, im spanischen Nationalradio der Foundation Juan March und der Foundation Botin in Santander zu spielen. Laura war Teil der dritten Staffel der Fundation Louis Vuitton Classe d’Excellence mit Gautier Capucon. Derzeit studiert sie an der Hochschule für Musik und Theater in München bei Professor Wen-Sinn Yang. Laura Szabo wird seit 2017 von COLAS unterstützt.

Mit gerade mal 25 Jahren, zählt Dmitry Mayboroda (Klavier) zu einem der talentiertesten und eindrucksvollsten Pianisten seiner Generation. Als Wunderkind begann er bereits im Alter von elf Jahren, von großen Orchestern begleitet, die Weltbühne zu erobern. Aktuell rundet Dmitry Mayboroda seine Ausbildung bei dem Heinrich Neuhaus-Schüler Boris Petrushansky an der Accademia Pianistica Internazionale Incontri col Maestro in Imola (Italien) ab. Konzertauftritte bei internationalen Musikfestivals, u. a. beim Rheingau Musik Festival, beim internationalen Klavierkunstfestival in Antalya, beim Festival Ravinia in den USA oder beim Winterfestival in Brasilien zeugen vom großen Interesse der internationalen Musikszene an Dmitry Mayboroda, ebenso seine solistischen Auftritte bei renommierten Orchestern, darunter das Tschaikowski-Symphonieorchester Moskau, die Wiener Philharmoniker, das London Philharmonic Orchestra, Orchestra Filarmonica di Torino, Orchestre national de Belgique, Marokkanische Königliche Sinfonieorchester und Orchester des Mariinski-Theaters St. Petersburg. Namhafte Dirigenten standen an seiner Seite, darunter Valery Gergiev, Vladimir Fedossejev, Vladimir Spivakov, Christian Arming, Oleg Reshetkin, Lorenzo Viotti, Marin Alsop oder Andrey Boreyko.  Seit 2017 ist Dmitry Mayboroda in mehreren Konzertreihen der Moskauer Philharmonie zu erleben, dazu gehören. Im November 2017 wurde Dmitry Mayboroda von der Bayerischen Staatsoper München eingeladen, als Solopianist in der Neuinszenierung des Balletts Anna Karenina mit dem Staatsorchester aufzutreten. Im Januar 2019 folgte das Ballett Kameliendame und im April Jewels. Für 2020 ist als Münchner Ballettpremiere geplant, auf Modest Mussorgskis Bilder einer Ausstellung zu tanzen. Die Sergei-Rachmaninoff-Stiftung unterstützt seit 2010 den jungen Pianisten. Der Gründer der Stiftung war der Enkel des berühmten Komponisten, in dessen Familienvilla Senar in der Schweizer Gemeinde Weggis die BBC 2015 den Dokumentarfilm Joy of Rachmaninoff drehte. In diesem Film spielte der damals 22-jährige Dmitry Mayboroda am legendären Flügel des großen Rachmaninoff.

Die Finnin Sonja Korkeala (Violine) studierte bei Ari Angervo und Tuomas Haapanen an der Sibelius-Akademie in Helsinki, an der Liszt-Akademie bei Maria Vermes in Budapest und an der Hochschule für Musik und Theater in München bei Ana Chumachenco, wo sie ihr Studium 1995 mit dem Abschluss der Meisterklasse beendete. Von 1993 bis 2003 unterrichtete sie zunächst als Assistentin von Ana Chumachenco, seit 2001 führt sie als Lehrbeauftragte eigene Klassen, seit 2011 ist sie Professorin für Violine im Fach Lehramt. Viele heute namhafte Violinisten hat sie als Jungstudenten unterrichtet, darunter Julia Fischer, Veronika Eberle, Daniel Röhn, Lena Neudauer, Arabella Steinbacher – um nur einige zu nennen. Seit 1993 spielt Sonja Korkeala als Primaria im Münchner Rodin-Quartett. Sie ist ständiger Gast bei zahlreichen Festivals. Sie gewann mehrere Preise bei finnischen und internationalen Wettbewerben, unter anderem 1984 in Prag mit ihrer Zwillingsschwester Katinka, 1985 in Kuopio (Finnland), 1988 in Gorizia (Italien) und 1991 bei der Konzertgesellschaft München. Seit 2007 ist sie zusammen mit ihrer Schwester Katinka die neue Künstlerische Leiterin des Kemiö Kammermusik Festivals in Finnland.